Renault Espace I: Europäischer Pionier im Bereich Minivans

Außer in China ist der alte Van praktisch tot. Allerdings wollen wir heute nicht auf sein Ende blicken, sondern auf die Stunde seiner Geburt. Zumindest was den europäischen Markt betrifft. Schließlich gelten der Plymouth/Chrysler Voyager und der Nissan Prairie als Pioniere. Doch vor 40 Jahren war die Öffentlichkeit noch überrascht.

Als Renault 1984 den Espace auf den Markt brachte, war es ein junges Unternehmen. Wirklich geräumige Limousinen mit Einzelkabinendesign und durchgehendem Innenraum waren in der alten Welt unbekannt. Die revolutionäre Karosseriearchitektur, das große Platzangebot und die hochflexible Sitzgarnitur sorgten für ein unglaubliches Raumgefühl und eine bisher unvorstellbare Lebensqualität im Fahrzeug. Die Grundidee stammt aus den USA, das Serienfahrzeug ist jedoch an europäische Anforderungen angepasst.

Auf jeden Fall ist der geräumige Innenraum und das kompakte Äußere des Renault Espace der ersten Generation die Verkörperung einer Innovation, wenn nicht sogar einer Revolution in der Welt des Automobils. Denn bis zum Debüt glichen Fahrzeuge mit mehr als fünf Sitzplätzen eher Transportern, bestenfalls hießen sie „Kleinbusse“ wie der VW Bulli. Renault und Matra entwickelten ein völlig neues Design für die großvolumige Cabrio-Limousine, das in den 1990er-Jahren von allen großen Automobilherstellern der Welt mehr oder weniger nachgeahmt wurde.

Unübertroffenes Design, Geräumigkeit und Variabilität

Der Espace zeichnet sich durch eine Frontpartie aus, die von einer weit nach vorne gezogenen Windschutzscheibe dominiert wird und mit einer kurzen Motorhaube gleichmäßig nach hinten ansteigt. Das Konstruktionsprinzip sorgt für beispiellose Geräumigkeit: Mit einer Länge von nur 4,25 Metern und einer Breite von 1,78 Metern bietet das Raumschiff einen hohen Reisekomfort für sieben Erwachsene. Darüber hinaus können sich die Passagiere dank der drehbaren Vordersitze während einer Pause buchstäblich einander zuwenden und auf dem Mittelsitz, der sich in einen Tisch verwandeln lässt, einen Snack einnehmen.

Ein besonderes Highlight des ersten Espace-Modells ist seine Variabilität: Erstmals verfügt es über Einzelsitze, die sich im Innenraum vielfältig anordnen lassen. Das Prädikat „innovativ“ verdient der Espace auch aufgrund seiner ungewöhnlichen Karosseriekonstruktion. Die Tragkonstruktion aus verzinktem Stahl ist mit Kunststoffplatten ausgekleidet. Rost ist für den praktischen Familienfreund also kein Problem, da er selbst bei kleineren Parkremplern unempfindlich ist.

1978: Die Idee nimmt Gestalt an

Eigentlich begann die Geschichte des Renault Espace im Jahr 1978: Philippe Guédon, damals technischer Leiter des auf Kleinserienproduktion spezialisierten Autobauers und Technologiekonzerns Matra, brachte die Idee eines Transporters aus den USA. Im Gegensatz zu den hiesigen Maxiformaten bevorzugte er eine an die europäischen Raumverhältnisse angepasste Lösung. Guédon beauftragte den Designer Antoine Volanis mit der Gestaltung eines solchen Fahrzeugs. Die ersten Prototypen „P16“ und „P17“ wurden bereits 1979 fertiggestellt. Doch Guédon ist noch nicht zufrieden. So entstand das Modell „P18“. Sein Einraumdesign weist bereits die wichtigsten Merkmale des Espace-Konzepts auf: einen durchgängigen Innenraum, eine hohe Sitzposition, einen langen Radstand und ein futuristisches Design.

1982 stellte Guédon das Projekt dem damaligen Renault-Chef Bernard Hanon vor. Er erkannte das Potenzial auf den ersten Blick: „Dieses Auto erscheint selbstverständlich, wenn man den gesamten Auto-Eitelkeitseffekt beiseite lässt, denn Hanon hat auch beim Renault 5-Projekt grünes Licht für die Serienentwicklung gegeben.“ des späteren Espace-Modells. Der Name ist Programm, denn es handelt sich um ein französisches Wort mit der Bedeutung „Raum“. Während Renault für mechanische Komponenten und Vertrieb zuständig war, übernahm Matra die Produktentwicklung und Produktion.

Nach einem unentschlossenen Start auf Erfolgskurs

Die Markteinführung des Espace löst eine Schrecksekunde aus: Im ersten Verkaufsmonat gingen in Deutschland lediglich neun Bestellungen ein. Doch dann akzeptierte die Öffentlichkeit das ungewöhnliche Design und erkannte die überzeugenden Vorteile des Produkts – der Espace wurde ein großer Erfolg. Im ersten Produktionsjahr liefen 5.923 Einheiten vom Band. Die Motorenpalette besteht aus 2,0- und 2,2-Liter-Ottomotoren mit 110, 101 und 120 PS sowie einem 2,1-Liter-Dieselmotor mit 88 PS. Nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Fachpresse reagierte mit einiger Verunsicherung auf den ersten europäischen Vertreter des Van-Konzepts: So veröffentlichte die Zeitschrift „auto motor und sport“ in der Rubrik „Kleinbusse“ einen Vergleichstest mit dem neuen Espace.

Auch wenn diese Rangfolge immer noch zum Platzangebot passt, bewies das überlegene Fahrverhalten des Raumfahrzeugs den Testern schnell das Gegenteil: Die Fahrt war „limousinenartig“. Auch ohne die zunächst optional erhältliche Servolenkung ließe sich der Espace „wie ein normales Auto durch Kurven fahren“. Dies ist keine Überraschung, da der Espace über ein raffiniertes Fahrwerk verfügt, bei dem die Vorderräder einzeln über doppelte Stabilisatoren und Federdämpfer gefedert sind und die Hinterachse über eine Halterung und einen Panhardstab verfügt. Auch die „eindeutige Sicht“ und das tadellose Handling beim Einparken beeindruckten die Automobiljournalisten.

Gezielte Modellpflege und Allradantrieb

Der Espace wurde erstmals 1988 neu gestaltet: Die neu gestaltete Front und das Heck sind jetzt weniger kantig. Die Stoßfänger und der Spoiler wurden entsprechend angepasst. Der bereits vorbildliche Luftwiderstandsbeiwert (0,34) wurde auf nur noch 0,32 reduziert. Verlängerte Karosserieüberhänge wirken sich positiv auf das Raumangebot aus und die zusätzlich verbreiterte Hecktür ermöglicht einen noch einfacheren Zugang zum Gepäckraum.

Im selben Jahr wurde die Modellpalette um die erste Allradversion namens „Quadra“ erweitert. Eine leichte Zapfwelle aus Verbundwerkstoff überträgt die Kraft des 2,2-Liter-Motors auf eine Visco-Kupplung direkt vor dem Hinterachsdifferenzial. Dadurch wird das Drehmoment je nach Fahrsituation und Straßenverhältnissen auf die Vorder- und Hinterräder verteilt.

Nach 191.674 Exemplaren lautet das Motto für den ersten Espace „Mission erfüllt“. Mit der Limousine mit variablem Raumangebot hat Renault ein wegweisendes Fahrzeugkonzept geschaffen. Das Van-Segment wurde zu einem festen Bestandteil des europäischen Pkw-Marktes und 1991 bekam die zweite Generation des Espace-Modells einen neuen starken Vertreter. Auch im Jahr 2024 wird es noch einen Espace geben. Mittlerweile handelt es sich jedoch nur noch um einen normalen SUV mit sieben Sitzen.

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