TEST: BMW iX xDrive60: Der Elektromagnetismus des Neids

Zwar weicht der BMW iX sowohl optisch als auch am Steuer deutlich von den traditionellen Tugenden der Marke ab, doch gerade darin zeigt sich sein größter Vorteil.

Grundpreis: 99.900 €
Preis des Testfahrzeugs: 127.921 €

+Komfort,

+luxuriöses und futuristisches Interieur,

+Soundsystem,

+geräumige Rückbank,

+Fähigkeiten

-Kofferraum unter dem Klassendurchschnitt,

-keine 800-Volt-Architektur,

-Fahrzeuggewicht

Im Jahr 2021, als wir in Warteschlangen noch anderthalb Meter Abstand voneinander halten mussten, stellte BMW das brandneue Elektromodell iX vor, das mit seiner drastisch anderen und immer noch recht umstrittenen Designsprache fast jeden schockierte, der auch nur einen flüchtigen Blick in die Automobilwelt geworfen hatte. Nicht nur ähnelte die endgültige Form stark der, die die Bayern mit dem Konzept BMW Vision iNext angekündigt hatten, sondern der iX führte auch einen völlig neuen Designansatz in die Marke ein, von dem sie sich erst kürzlich mit der neuen Plattform Neue Klasse verabschiedet hatten.

Die Basis ist bis heute dieselbe – eine einzigartige Form, die sich vor allem auf futuristische Merkmale und aggressive Linien konzentriert und überall für Aufsehen sorgt. Hinzu kommen die riesigen „Nieren“ des Kühlergrills, die nach der Renovierung sogar beleuchtet sind. Die Renovierung brachte auch eine neue Form der Scheinwerfer mit sich, die nun besser zu anderen BMW-Modellen passt. Etwas weniger Aufmerksamkeit schenkten die Bayern dem deutlich konservativeren Heck, das praktisch unverändert blieb. Es unterscheidet sich lediglich bei Fahrzeugen mit M-Sportpaket, das einen neuen Diffusor und eine etwas aggressivere Dachlinie hinzufügt.

Der iX ist dennoch nur dreieinhalb Zentimeter kürzer als fünf Meter, knapp 1,7 Meter hoch und 2,23 Meter breit, was zusätzlich für einen imposanten Auftritt auf der Straße sorgt. Prägnant wirken auch die zweifarbigen 22-Zoll-Räder, die aufgrund ihres Durchmessers und ihrer Breite fast schon als Rollen bezeichnet werden könnten. Zur Einzigartigkeit tragen auch die gold-bronzefarbenen Designelemente bei, die das Exterieur angenehm abwechslungsreich gestalten.

Der Innenraum des iX bleibt ein außergewöhnlich besonderer und repräsentativer Ort zum Verweilen. Obwohl die Basis bereits vier Jahre alt ist, vermittelt das Ambiente in Kombination mit dem futuristischen Design den Eindruck, als wäre das Auto erst gestern vorgestellt worden. Leder ist in diesem Fahrzeugsegment mittlerweile fast selbstverständlich, doch BMW geht hier einen anderen Weg – unser Test-iX war mit der Innenausstattung Loft Stone Grey ausgestattet, bei der Lederpolster durch eine Kombination aus Stoff und Mikrofaser ersetzt werden. „Schlappe 128 für Stoff?“, fragen Sie sich vielleicht – und ja, das stimmt. Die Sitze im iX sind tatsächlich mit einer Kombination aus Stoff und Mikrofaser bezogen, und auch die Türverkleidungen und das Armaturenbrett sind mit Mikrofaser bezogen. All dies, kombiniert mit der hochwertigen Verarbeitung, hinterlässt einen sehr wohnlichen und repräsentativen Eindruck. Für Liebhaber klassischer Ausstattungen ist natürlich weiterhin klassisches Leder erhältlich. In puncto Verarbeitung gibt es den Bayern lediglich Kritik am etwas billigen Kunststoff der Mittelkonsole, ansonsten ist alles vorbildlich. Bei seiner Einführung war der iX das erste Modell der Marke, das die Klassiker gegen Digitalisierung eintauschte – die Rede ist natürlich von zwei breiten, gebogenen Bildschirmen auf dem Armaturenbrett. Die Benutzeroberfläche selbst ist bereits aus anderen BMW-Modellen bekannt und erfordert aufgrund der großen Anzahl an Menüs eine gewisse Eingewöhnung, während die Prozessoreinheit schnell und zuverlässig arbeitet.

Unser Testwagen war außerdem mit einem 4D-Soundsystem von Bowers & Wilkins ausgestattet, das zwar zusätzlich 5.064 € kostet, aber so gut ist, dass es einen eigenen Absatz verdient. Das gesamte System besteht aus 30 Lautsprechern mit einer Gesamtleistung von 1.615 Watt, wobei die Hochtöner zusätzlich mit künstlichen Diamanten für einen reinen Klang sorgen. 8 der 30 Lautsprecher sind in den Sitzen verbaut, was den Surround-Sound auf ein ganz neues Niveau hebt – ich verwende hier kein Marketing-Fachchinesisch, das Soundsystem ist wirklich so gut. Wem das noch nicht reicht, der kann auf spezielle Shaker in den Sitzen zurückgreifen, mit deren Hilfe man den Bass im ganzen Körper spüren kann. All dies, kombiniert mit der hervorragenden Akustik im Innenraum, sorgt für einen Klang, der mit dem im Kino vergleichbar ist – ich würde sogar sagen, er ist sogar noch besser. Ohne jeden Zweifel kann ich sagen, dass dies das beste Soundsystem ist, das ich je in einem Auto erleben durfte.

In puncto Platzangebot hinterlässt der iX einen eher süssen Beigeschmack. Auf der Rückbank gibt es viel Platz – sowohl für die Beine als auch für den Kopf, und das Panorama-Schiebedach sorgt für ein zusätzliches Raumgefühl. Dank der überdurchschnittlichen Breite des Fahrzeugs ist hinten genug Platz für drei Erwachsene, was bei Neuwagen zunehmend zur Seltenheit wird – trotzdem hat BMW auf drei ISOFIX-Halterungen verzichtet. Lobenswert ist auch, dass die Bayern in Sachen Sound auch an die Fondpassagiere gedacht haben, denn die Sitze in der zweiten Sitzreihe verfügen über die gleichen Lautsprecher und Shaker wie die Vordersitze. Ein eher süsser Anfang, doch schnell erntet man einen bitteren Beigeschmack im Kofferraum, der mit 500 Litern Fassungsvermögen weit unter dem Klassendurchschnitt liegt. Die recht hohe Ladekante und die relativ schmale Öffnung helfen dabei nicht weiter. Für den Preis des Testmodells hätten wir außerdem eine elektrisch umklappbare Rückbank erwartet – die Sitze lassen sich per Knopfdruck umklappen, müssen aber manuell nach hinten hochgeklappt werden.

Während bei den meisten BMW-Modellen Sportlichkeit und Dynamik im Vordergrund stehen, steht beim iX der Komfort an erster Stelle – alles andere kommt erst danach. Dank der optionalen Luftfederung, die wir wärmstens empfehlen, ist die Fahrt in allen Situationen äußerst ruhig und komfortabel. Alle Unebenheiten der Straße werden souverän absorbiert – seien es kurze Unebenheiten, Schlaglöcher, einfach alles, was Sie ihm zumuten, wird vom iX wie ein Schwamm weggeschluckt. Zusammen mit dem gut abgestimmten Fahrwerk und Innenraum sorgt dies für ein außergewöhnlich ruhiges Fahrerlebnis. Um ganz streng zu sein, können wir nur sagen, dass aufgrund der weichen Federungsabstimmung und der beträchtlichen Masse des Fahrzeugs in manchen Situationen (z. B. beim schnelleren Überqueren einer Bergkuppe) ein etwas übermäßiger Federweg in vertikaler Richtung vorliegt. Obwohl der Komfort im Vordergrund steht, zeigt sich der iX auch in Kurven recht ordentlich – hauptsächlich dank der optionalen Allradlenkung – und das, obwohl er keinen ausgeprägten Hang zur Dynamik hat. Die zusätzliche Schärfe in Kurven ist eigentlich nur ein Nebeneffekt der Allradlenkung, deren Hauptaufgabe darin besteht, die Agilität bei niedrigeren Geschwindigkeiten zu verbessern und den Wendekreis zu verkleinern, was ihr auch gelingt – der iX fühlt sich in der Stadt nicht schwerfällig an und der Wendekreis ist mit 12,8 Metern nur 0,3 Meter größer als beim deutlich kleineren i4.

Dieses Mal hatten wir die Allradversion des xDrive60 im Test, der nach der Neugestaltung das Modell xDrive50 ablöste. Der Antrieb besteht aus zwei Elektromotoren – einer an der Vorder- und einer an der Hinterachse – die zusammen bis zu 400 kW (544 PS in den guten alten Aggregaten) und 765 Nm Drehmoment entwickeln. Das sind also mehr Leistung und Drehmoment als im M3 Competition. Bedeutet das auch eine bessere Beschleunigung? Leider nicht, denn der iX ist 725 kg schwerer als der M3, aber er schafft es trotzdem in nur 4,6 Sekunden auf Hundert. Obwohl solche Beschleunigungen in einem Auto wie dem iX völlig unnötig sind, muss man zugeben, dass es ziemlich beeindruckend ist, zu sehen, wie schnell die Elektromotoren ein 2.580 kg schweres Fahrzeug auf Hundert bringen.

Alle diese „Pferde“ beziehen ihre Energie aus einer Batterie mit einer Nettokapazität von 109 kWh, die laut Werksangabe für eine Reichweite von 644 km im WLTP-Messzyklus ausreichen soll. Beim Test im eher kalten Ende September schafften wir mit einem Verbrauch von 22,2 kWh/100 km rund 500 km – und bei angenehmeren Temperaturen ließen sich noch rund 50 km mehr aus der Batterie herausholen.

In einer Zeit, in der fast jedes neue Elektroauto auf einer 800-Volt-Architektur basiert, wirkt der iX mit seiner 400-Volt-Architektur etwas überholt. Die Konkurrenten aus Ingolstadt laden mit bis zu 280 kW, während der iX bereits mit 195 kW zu kämpfen hat. Erfreulicherweise erreicht er an einer geeigneten Ladestation tatsächlich die versprochene Ladeleistung. In unserem Test protokollierten wir eine Ladezeit von 10 auf 80 % in 37 Minuten, was voll und ganz den Herstellerangaben entspricht – die Konkurrenz schafft es allerdings noch schneller. Unser Testmodell war zudem mit einem erweiterten AC-Ladepaket ausgestattet, das die Leistung von serienmäßigen 11 kW auf 22 kW erhöht – das werden vor allem diejenigen zu schätzen wissen, die weder Schnellladestationen nutzen noch zu Hause laden.

Wie also lässt sich BMWs Flaggschiff im Segment der Premium-Elektro-Crossover zusammenfassen? Ganz einfach: Durch die Abkehr von den traditionellen Tugenden der Marke ist es ihnen gelungen, etwas völlig Einzigartiges und Anderes zu schaffen – etwas, das ihnen wahrscheinlich nicht gelungen wäre, wenn sie sich strikt an ihre eigenen, ungeschriebenen Regeln gehalten hätten. Mit einem Exterieur, das sich abhebt, aber dennoch hervorsticht, und einem Innenraum, der einem immer noch das Gefühl vermittelt, in einem Konzeptauto zu sitzen, haben sie ein Paket geschaffen, mit dem man ausgeruhter von einem Ende des Landes zum anderen kommt, als man gestartet ist. Und doch – Prestige und Komfort haben ihren Preis. Die World of iX startet bei 99.900 € in der getesteten xDrive60-Version, und mit Extras wie sanft schließenden Türen, Bowers & Wilkins-Soundsystem, Luftfederung, Allradlenkung und mehr steigt der Preis des Testgeräts auf satte 127.921 €.

TECHNISCHE DATEN
MOTORAnzahl der Motoren – 2; Leistung – 400 kW; Drehmoment – ​​765 Nm
BATERIJALithium-Ionen; Kapazität (brutto) – 115,0 kWh; Kapazität (netto) – 109,0 kWh; Ladeleistung (AC) – 22 kW; Ladezeit (20 % – 80 %, AC) – 06:54; Ladeleistung (DC) – 195 kW; Ladezeit (20%-80%, DC) – 00:34
KAROSSERIE5-türig, SUV; Segment – ​​​​M (großes SUV); Anzahl der Sitze – 5; Abmessungen (L/B/H) – 4.965 mm x 2.230 mm x 1.695 mm; Radstand – 3.000 mm
INNERE ABMESSUNGENKofferraum – 500 l
CHASSISBremsen – belüftete Scheiben vorn, belüftete Scheiben hinten; Vorderreifen - 275/40R22; Hinterreifen – 275/40R22; Wendekreis – 12,8 m;
MASSEGewicht (mit Fahrer) – 2.580 kg; Nutzlast – 565 kg; Gesamtgewicht – 3.145 kg
KAPAZITÄTBeschleunigung – 4,6 s auf 100 km/h; Höchstgeschwindigkeit – 200 km/h; WLTP-Verbrauch – 19,6 kWh/100km; WLTP-Reichweite – 644 km
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